Barenboim / by Mikael Rudolfsson - Trombone

Der alte Maestro sitzt auf seinem Thron. Es geht ihm immer noch gut, aber er ist nicht mehr unangefochten. Er bleibt ruhig, obwohl die Welt um ihn tobt - vor Vorwürfen, vor großen Veränderungen, vor den Nachbeben der #metoo-Welle. Und, bei all seiner Grantigkeit und Dominanz hat er recht, auf seiner Erfahrung fundierend schaut er durch das Fenster der Klarheit und stellt fest:

"Es ist einer der großen Fehler unserer Zeit, dass wir Bildung mit Information verwechseln und Gleichheit mit Menschlichkeit."

So kurz kann man es zusammenfassen. Hätte ich nicht aufgepasst, das Geniale an diesem Satz wäre an mir vorbeigegangen. Aber es stimmt - ich habe es so oft mit meinen eigenen Augen gesehen - wie die selbsternannten "modernen" Menschen die wahren Werte und die ernsthafte Arbeit an der eigenen Persönlichkeit aufgeben und desperat nach dem Messbaren suchen. Messbare Dinge - wie Gleichheit oder Informationsflow, wie Geld oder Wachstum. Aber - die Realität und wir Menschen die ihr beiwohnen sind nunmal komplex, komplexer als wir manchmal wahrhaben wollen. Zum Glück ist der Maestro jetzt ist in Schwung gekommen, er ist nicht zu stoppen, er setzt fort:

"Wir sind nicht alle gleich, wir sind alle verschieden. Natürlich haben alle Menschen Anspruch auf die gleichen Rechte , egal wie verschieden sie sind. Aber unsere Unterschiede machen uns menschlich. Die Musik lehrt und das. In der Musik geht es um Kontrapunkt, um Kontraste."

Eben, der farbenreiche Schimmer der Schönheit: die Vielfalt und die Kontraste. Das eigene Leben als cantus firmus, in wunderbarster Relation zu den anderen Stimmen. Mit unzähligen, rätselhaften und aufregenden Spannungen und Reibungen. Alles vereint unter einem einzigen, großen Bogen. Lass uns kurz nachdenken und uns gemeinsam für die Polyphonie entscheiden! Für die unendlichen, spektralen Möglichkeiten unseres Daseins. Nur eine einzige einsame Stimme in einer monotonen und unharmonisierten Welt wäre so fad.