Die Welt als Guckkasten by Mikael Rudolfsson - Trombone

Aus welcher Perspektive schauen wir auf die Dinge? Und auf uns? Aus dem immer näher kommenden All, aus dem die Welt als kleiner, bescheidener aber gesegneter Erdball auftaucht? Als “Earth Rise“, wie auf dem weltberühmten Photo von William Anders? Ist die Welt nichts anderes als ein Guckkasten, bevölkert von Mini-Männchen, die sich im Takt der Begebenheiten bewegen? Sind wir alle Schauspieler in einem spät 18-jahrhundertlichen Theater?

Ein bissl mehr Surrealismus täte gut. Wie Georges Aperghis’ instrumentales Theater. Oder die abstrakt-poetischen Bewegungen der Butoh-Tänzer*innen in Berlins Kühlhaus morgen.

Bis auf weiteres, d.h. bis die fahle Herbstsonne wieder aufgeht, begrenze ich mich aber auf die 12 Töne Schönbergs uns lasse das Andenken eines Engels durch mein Bewusstsein erklingen. Und vielleicht ein Mozart danach. Nur weil ich’s kann.

Wolfgang Rihm in memoriam by Mikael Rudolfsson - Trombone

Entweiht, sagen Sie? „Kulturkirche” - was meinen Sie damit? Sie behaupten, dass Trams und das gnadenlose Geröll der Kraftfahrzeuge das Konzerterlebnis stören? Aber sehen Sie nicht! Es ist David gegen Goliath und David gewinnt jedes Mal. Vertreibt die armseligen Geräusche der realen Welt und ersetzt sie mit himmlischen, durch ihre Kraft wie kleine Perlen tröpfelnden. Innere Harmonie erzeugt durch auskomponierte Schönheit.

Die Motette. Freigelegt zwischen wuchtigen Klangskulpturen. Ein Knall und ein Bang und drei gut ausgestimmte Akkorde im tiefen Blech. Danke, Wolfgang Rihm, für dein Lebenswerk und dafür, dass du uns dein Vigilia geschenkt hast.

Ohne Altar und Kruzifix, sagen Sie? Aber das ist Täuschung. Gott wacht über uns und irgendwo da im Himmel sitzen die beiden Wolfgangs und lächeln mit.

Art by Mikael Rudolfsson - Trombone

Art

Art could be so many things.
Art could be traveling the world and collecting your impressions.
Art could be your personal story.
Art could be writing ridiculous sentences like:
“To sit and watch the leaves flatter and feel the first careful raindrop touch your skin.”

And although all of this is true, art is not this but the inner truth covering the void of being human. Of ridiculous lack of stylishness and Raffinesse.
As in the little difference between going back to f minor from the dominant, or taking the risky leap into new light. Shimmering in Db Major.

Fred -> frid by Mikael Rudolfsson - Trombone

Minfälten röjdes
Bomberna föll uppåt igen
Sögs in i flygplanens buk
Imploderade, ljudlösa

Och hela schabraket backade tillbaka
Över gränsen, in i garage och hangarer
Kedjades fast i sina bojor
Tömdes på bränsle

Och fridens stillhet sänkte sig över nejden
Inte ett ljud
Inte en själ
Inte en enda anledning till oro
Sova gott igen

Vattenhålet by Mikael Rudolfsson - Trombone

Alla vattenbufflar, zebror och gaseller, färgglada fåglar och surrande flyn, samlas. Deras tassar och näbbar, lapande tungor och vässade klor. Kratsande, slufsande slurpande ur det heliga livets källa. En av de grundläggande förutsättningar som förenar oss: det absoluta behovet av rent vatten.
Tänker han och beställer en Flat White. Med havremjölk, givetvis. Vi ska inte beblanda oss med dem. Så djuriskt det skulle vara.

OUTERSPACE - Jodlowski Concert in Graz on the 25th of January by Mikael Rudolfsson - Trombone

Dear Fans and Friends!

I rarely write about a certain concert on the blog, but this one is special. Playfully dealing with the directionality in the performance space, linking the fictive digital world in a wonderfully artistic way with our real acoustic world - French composer Pierre Jodlowski’s piece OUTERSPACE for trombone, video and lights will be my first big highlight of the new year!
Best, Mikael

https://www.openmusic.at/programm/2024/25012024

FOCUS ON PIERRE JODLOWSKI

25.01.2024

Donnerstag, 20.00

Theater am Lend, Graz

 

Ensemble Schallfeld

Szilárd Benes clarinet

Manuel Alcaraz Clemente percussion

Lorenzo Derinni violin

Myriam García Fidalgo cello

Leonhard Garms conductor

Davide Gagliardi video, live-electronics, sound design

 

Mikael Rudolfsson trombone

Pierre Jodlowski electronics, video, lights

Minciospace by Mikael Rudolfsson - Trombone

“Auf Schwedisch gibt es die Geschichte der Mumins, sympathische Trolle die um die Abenteuer der Welt zu erleben nicht mal ihre Heimat verlassen müssen, sondern wo die Welt zu ihnen ins Mumintal kommt und die besuchenden Geschöpfe, über jegliche Wesensunterschiede hinweg, sämtliche Facetten und Farben des diversen Daseins und die wunderbarsten Entdeckungen mit ihnen teilen. So stelle ich mir Minciospace vor, wie das Muminhaus, ein Zuhause in dem alles unter einem Dach Platz findet. Ein wichtiger, nein, essentieller Beitrag zur Wiener Musikszene und ein neues Zuhause in dem alles spannende gedeiht und wächst.”

Mein Testimonial zu diesem wunderbaren neuen KunstRaumProjekt in Wien.

Werden Sie auch Pate oder Patin dieses lobenswerten, notwendigen und spannenden Vorhabens!

https://minciospace.at/

Euer / Ihr

Mikael Rudolfsson

Die Tochter Zeus' an einem Sonntag by Mikael Rudolfsson - Trombone

Die Buchhandlung am Bahnhof Landstraße an einem Sonntag. Gefällt mir besonders gut, weil an Feiertagen und Sonntagen sonst die gesamte Gesellschaft hier im katholischen Europa stillsteht. Es ist ein Lockdown im Kleinen, eine winzige, vom Neo-Liberalismus vergessene und von der Gottheit eingeführte Atempause, alles für die Bürger und für die Bürgerinnen. Die dann, wenn sie ausgeruht und wohlig sind, zu noch einer Woche Heldentaten bereit sind. Alles ist zu, sogar die Lebensmittelgeschäfte. Aber, wie gesagt, unsere nicht namentlich benannte Buchhandlung hat offen, weil besondere Bahnhofsregelung, weil Systemrelevant, weil sonst nicht Geschenke am Sonntag und food for thought eingekauft werden könnten. Und das würde sicher sogar der liebe Gott gutheißen.

Wache, hell denkende Zeitgenossen vermischen sich hinter den Regalen, versammeln sich ohne Verabredung, checken sich schüchtern über Bücherrücken und hinter Jahreskalendern aus. In die Zukunft schauend, rückwärts lesend, in der großen, dokumentierten Weltgeschichte nach Antworten fischend. Spiele spielend. Denkend. Fühlend. Zeit nehmend. Lange dicke Bücher als Gegenentwurf zu unserer Zeit, in der sich scheinbar alles beschleunigt. Wenn alles nur so einfach wäre wie in der vergessenen Buchhandlung an einem beliebigen Sonntag.

Weltschmerz by Mikael Rudolfsson - Trombone

Du Färberssohn vom Lech, im Kluckerspiele
Dich messend mit mir in vergang'nen Jahren
Wo bist Du in dem Staub der Panzerbile
Die nun das schöne Flandern niederfahren?

Die fleischerne Bombe auf Calais gefällt
Warst du das, Weberssohn der Spinnerei?
Oh Sohn des Bäckers meiner Kinderwelt
Gilt dir der blutenden Champagne Schrei?

- B. Brecht “Panzerschlacht“

Form and the Ocean by Mikael Rudolfsson - Trombone

One thing that struck me during my long vacation was the need of form and shape. It seems that we can do nothing, compose nothing, think nothing, achieve nothing without putting it into a frame or giving it at least some kind of context. Let me explain:

The most formless thing I can imagine is the open sea. But when we as humans enter the sea there is this need of keeping things together, not sprawling out, caring for peace and order. Look at the strict schedules of single-handed solo sailors (getting up at six every morning, carefully pointing out positions on a sea chart, preparing meals). I like to think of days like plain canvas, but we have to give it all a proportionality. Without structure - our efforts are worth nothing.

And also, if we wouldn’t give the ocean our connotation of longing and imagination, it would mean nothing:

"Rien ne vaut la peine d'etre vécu, qui n'est d'abord une oeuvre d'imagination ou alors la mer ne serait plus que de l'eau salée"
- Romain Gary

Wachstum - Brief an den Wald by Mikael Rudolfsson - Trombone

An alles was gedeiht

An alles was sich an einander reiht

An geteilte Zellen

Zellteilung

An sich vermehrende Wellen

An das emporsteigende Schöne

und

An das knackende Geräusch

des Wachsens

und die Stille danach

An die zerbrochenen Äste

und die wohlwollenden Gäste

Als Aufforderung an uns alle

An alles was gedeiht

An alles was im Wilden sich macht weit

und an den nächsten Menschenkreis

Musiken sipprar alltid igenom ändå by Mikael Rudolfsson - Trombone

Jag talar med en god vän om musikens vara eller inte vara, ur ett samhälleligt perspektiv, vi kommer in på svensk kulturpolitik, framförallt när det gäller klassisk musik. Ofta kallar jag mig, halvt på skämt, "Wirtschaftsflüchtling" här nere i Österrike, alltså någon som flyttat från sitt hemland för att hen inte kan utöva sitt yrke i där. I mitt fall stämmer det nog ganska väl överens med sanningen: att tjäna sitt leverbröd med kombinationen ensemblespel och solistiskt spel inom den nutida musiken på trombon ter sig, med det jag vet om Sveriges musiklandskap, mer eller mindre omöjligt. I Österrike, Tyskland eller Schweiz går det hur bra som helst

Sedan säger vännen en bevingad mening, som på något vis räddar Sverige, och hoppet: "musiken sipprar alltid igenom ändå". Och jag vet i stunden jag hör det att det är sant. Som den vattenskada mitt innertak just återhämtar sig ifrån; vattnet finner alltid en väg igenom, så länge det finns någon spricka överhuvud taget. I musikens fall något högst positivt. Människans behov av att utföra, lyssna, uppleva musik (live!) verkar gränslöst och helt oimponerat av den nya digitala verklighetens tillkortakommanden.

Och, Mozarts flödande toner bevisar ordlöst att det är sant. Jag hör Grumiaux-Trion med Mozarts stråkkvintetter, helt outdated när det gäller modern interpretationsteori, så makalöst vackert och tidlöst.

https://www.youtube.com/watch?v=r7XuKyNWi8M

Glöm aldrig att musiken övervinner både tidens tärande tand och kulturpolitiska (till synes) omöjligheter.

En sommar fylld med musik och festivaler kan börja!

Allt det bästa, glad sommar och hoppfulla hälsningar,

Mikael

In Bezug auf andere // über kreative Künstlichkeit und künstliche Kreativität by Mikael Rudolfsson - Trombone

Kunst existiert nicht allein. Und improvisieren kann man nicht mit sich selbst. Fantasieren - ja, vielleicht, aber improvisieren, no. Das interessante passiert immer dann, wenn wir das nehmen was in uns ist und in Bezug auf andere ausloten.

Und, wenn ich nachdenke, das ist doch ein Argument um sich von der sog. künstlichen Intelligenz nicht so mitreißen zu lassen: welche Art von kreativer Künstlichkeit oder künstlicher Kreativität übt ein Algorithmus aus? Kunst allein, Kunst mit sich selbst? Gewiss, spannend geflochtene Fäden gesammeltes Wissens könnten sicher dabei entstehen. Aber Aktion-Reaktion? Auf ihr eigenes Sammelsurium....hmmm, ob das interessant werden kann will erst bewiesen werden.

In der Zwischenzeit beschäftige ich mich mit musikalischem Lesen von Degenhard Andrulats Kunstbuch „Gelbgrünes Rubin quadriert gedeckt“ - das wird eine wahrhaftig unvorhersehbare Reaktion sein und eine Manifestation der menschlichen Subjektivität.

Der Vogel und der Kater by Mikael Rudolfsson - Trombone

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
kommt er dem armen Vogel näher.

Der Vogel denkt: Weil daß so ist
und weil mich doch der Kater frißt,
so will ich keine Zeit verlieren,
will noch ein wenig quinquillieren
und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.

- Erich Kästner

Die Entschleunigung by Mikael Rudolfsson - Trombone

Die ewig fliegenden Linien des Luciano Berio-Konzertes "SOLO", das ich übermorgen in der Laeiszhalle mit den Hamburger Symphonikern spiele, klingen in mir nach dem ersten Probentag nach. Das Konzert ist ein Monument von langsam ausgemalter, kreativ gewordener Zeit. Ein Spiel mit der Wahrnehmung und eine Verspieltheit der Klänge, der alte Mann der mit dickem Pinsel Farbe aufträgt und, wie ich mir vorstelle, dabei leise schmunzelt, die Einflüsse seines Lebens alle auf den Punkt gebracht: den Jazz, das omnipräsent Vokale, ein verlorenes Recitativo aus einer Oper hier, eine oscillierende Alliatorik da, alles fliegt durch den Raum wie Bälle der Zeiten zugespielt in stillem Einverständnis.

Rosalyn Tureck bietet eine andere Welt. Wenn das Berio-Konzert den dicken Pinselzug zum Thema gemacht hat bespielt Frau Tureck auf ihrer goldenen Nähemaschine die Ewigkeit als Strickstück. Warm ist die Wolle, passend schmiegend um den Leib liegt sie. Welch eine Freude, umhüllt zu sein.

Und da gibt es noch Beethoven. Er schaut zu und fragt sich, was wir alle in Deutschland zu tun haben. Naja, immer noch versammeln sich die Interessierten ums Lagerfeuer, wie seit tausenden Jahren. Und das Lagerfeuer der Klassik - ob zeitgenössisch oder Jahrhunderte alt - brennt hier mitten in Europa, in dem kulturellen Transitland das immer noch vor begeisterter Kulturfreude glüht.

2023 by Mikael Rudolfsson - Trombone

passing rite // passing time
bleeding ruins // soon arise
healing wounds // they will thrive
passing time // passing rite


Jag går på en konstutställning med verk av Anselm Kiefer. Helt plötsligt börjar konstverken prata med mig, prata med varandra. Likt ruiner som har en gemensam historia att förtälja. Genomsyrade av en kreativ optimism ger de mig en flygande start på det nya året. Och liksom den nedåtgående blodröda solen tar de sikte mot en ny dag.

Herbst by Mikael Rudolfsson - Trombone

Der Jumbojet von AirChina peitscht die in Regen gegossene Landebahn von Schiphol zu einer fulminanten, perlenden Sprühwolke auf, wie ein gigantischer kerosinbetriebener Schneebesen setzt er sich in Bewegung, rollt ins Ungewisse und verschwindet dort irgendwo im stehenden Regen, am Ende einer Perlenkette von tausenden Rollfeldlampions.

Sind wir nicht alle Jumbojets die durch das Leben düsen? Puppen die im Puppenspiel der Götter teilnehmen, unsere Rolle zugeordnet bekommen, mitspielen dürfen? In einem großen, unübersichtlichen Streckennetz, auf einer gehäkelten Weltkarte der Gefühle, der Orte, der Begebenheiten. Oder sind wir die Flightspotter*innen die unten am See stehen und die Aluvögel bewundern? Darf man überhaupt Flugzeuge, diese Art von menschlich-technischem Fortschritt, noch bewundern?

Das Thema ist schwer, liegt irgendwie sperrig im Mund und auf den Tasten. Die morbide Schönheit mit dem wir, zumindest im friedlichen Teil der Welt, in diese Endzeit hineingehen hinterlässt mich im Zwiespalt. Bewegen, aber richtig. Politisieren, aber nicht in falscher Art und Weise. Nicht unnötig provozieren. Kunst machen, aber nicht den Boden unter den Füßen dabei verlieren. Eine feine Balance wird von uns (zu recht!) abverlangt, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto deutlicher wird mir klar, dass wir nur nur durch die Gekonntheit, durch die Kreativität unserer und der nächsten Generation diesen Planeten zu einem halbwegs lebenswerten Ort, auch für die nächsten 50 Jahre, werden machen können.

Der Herbst stimmt mich fröhlich. Es wird schon werden, wie der Wiener sagt. Und...es ist ein Farbenspektakel der Verwandlung wie kein anderes. Das sollte uns daran erinnern, wozu wir in Verbundenheit mit der Natur und mit dem Weltgeist alle fähig sind.

In Hoffnung und mit Zuversicht,

Euer Mikael

Modern Times by Mikael Rudolfsson - Trombone

“By the cables
of electric strands,
I recognize
the era succeeding
the steam age -

here men had ranted on radio.
Here men had ascended in planes.”


-Vladimir Mayakovsky, “Brooklyn Bridge” (1925)


The new times
Rolling in over us
Uncontrollably like Pacific waves
Do we have any other choice
Than to embrace them
Heartily?

Kontext II by Mikael Rudolfsson - Trombone

In der Hängematte zwischen Welten, im Zug über die steirische Berglandschaft findet sich die perfekte Kombination von Musik, Lektüre und Landschaft wie von selber und plötzlich packt es mich am ganzen Körper noch einmal mit voller Wucht: das Grundgesetz nach dem alles arbeitet und in dessen Raum die Möglichkeit gegeben wird, vollkommen zu werden: Kontext.

Ohne Zusammenhang, ohne Rahmen, ohne Kontext ist alles nichts. Wie dieses Gerüst der Künste und des Lebens genau ausschaut, in genau welchem Rahmen wir wirken wollen, das ist für uns zu enstcheiden. Aber es muss da sein. Nicht perfekt, nicht leer - auch die weiße Wand hat Schrammen, trägt Spuren früherer Gewalttaten, eine Archäologie des Vergangenen. Das ist gut so.

Aber in dem die Dinge gekonnt kuratiert werden, in einen Kontext gesetzt, gezeigt, gewählt und interpretiert werden entfalten sie erst ihre volle Wirkung.