Der Moment der Aufführung oder die Aufführung des Moments / by Mikael Rudolfsson - Trombone

Es ist immer anders und neu, wenn eine Komposition aufgeführt wird. Anders als in der Probe. Anders wie in besser – in dem berauschenden Moment der Aufführung wohnt eine solche Kraft inne, und im Gegenteil zu dem was man erwarten könnte ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gelernte und Geübte in der Aufführung besser klappt als in der Probe erstaunlich groß. In anderen Worten: dass die Musik über sich selbst und über dein Können hinauswächst ist im entscheidenden Moment nicht nur möglich sondern höchstwahrscheinlich.

Ich rede nicht nur von dem nach wie vor immer schönen Erlebnis, für ein Publikum zu spielen, nein, ich rede von der rein technisch-künstlerischen Präzision der Musik in der Aufführung als Beweis für ihre unmittelbare Kraft. Von dem Erlebnis, wie der Arm von sich selbst wie im Trance die richtigen Positionen findet, wie die Feinsensibilität in den Lippen sich viel genauer anfühlt als sonst. Ist es dieses Gefühl Sportler empfinden, wenn sie im Stadion angefeuert werden? Oder ist es einfach die Befriedigung, wenn wir nach Jahrzehnten Vorbereitung immer wieder das abrufen dürfen, was wir mit solcher Mühe geübt und gelernt haben?

  • Probe=(aus)probieren
  • Vorstellung/Aufführung=wir stellen es vor/führen es auf. Befinden uns im Flow.

An dieser Stelle möchte ich eine Klangbrücke zu dem Komponisten Wolfgang Rihm schlagen: Rihms Musik ist eine die stets als Geste funktioniert, eine Musik die eine gebündelte Kraft darstellt, treffsicher auf den Punkt gebracht, eine Gegenrede zur Stille, handgeschrieben auf einem Blatt Papier, eine Genauigkeit des Zusammenspielens in Noten ausnotiert. In ihr wohnt der Klang als Skulptur, mit Axt und Rasierklinge zu einer oft vollendeten Form geschliffen. Und in diesem schwarzen energiegeladenen Loch ist es oft so, als würde die Musik sich selbst spielen.

Das war für mich die Essenz des Wolfgang Rihm-Festivals »Klangbrücken 2017« der letzten Tage. Ein sehr schönes Festival das mit dem gestrigen Konzert mit seinem »Chiffre«-Zyklus zu Ende ist. Dafür warten viele noch unerhörte, neue, spannende und unerwartete musikalische Abenteuer im Mai und Juni auf uns. Einfach offen bleiben, stets neugierig und wach sein, das gilt sowohl für mich wie für das Publikum, dann kommen immer die schönsten Überraschungen. Und dann packt uns die Magie im Moment der Aufführung. Immer wieder. Versprochen.

Wir sehen uns in der Musik!

Euer Mikael